POP
ÜL. C U - VT-S O
US-SA BOUAS
Carl Cleves & Parissa Bouas (»7
HALOS .ROUND THE MOON
Stockfisch/In-Akustik SACD
(47’)
CDs
|
NEUES
Saidah Baba Talibah
(S)CREAM
India/Rough Trade CD
Wenn Parissa Bouas, die Tochter
eines griechischen Seemannes, ih-
ren glockenreinen Sopran ertönen
lässt und der aus Belgien stam -
mende Carl Cleves hie und da seine
sonore M ännerstim m e einflicht,
dann w eiß man: Es ist an der Zeit,
die Beine hochzulegen und sich
entspannt zurückzulehnen. Auch
auf der jüngsten SACD verbreitet
das heute in Australien lebende
gem ischte Doppel m it Old-Tim e-
Folksongs w ieder eine heim elige
W ohlfühlatm osphäre. Ach ja! All
das im audiophilen Akustikklang,
w ie er so warm und organisch
wohl nur im Stockfisch-Studio in
Northeim entstehen konnte.
hake
Ihre M usik klinge, „als hätten
George Clinton, Jack W hite und
Erykah Badu gemeinsam ein Kind
g ezeu g t“.
Eine
etw as
schiefe
D esignerbabym etapher, im Prin-
zip hat Saidah Baba Talibah aber
Recht dam it. Auf ihrer Debüt-CD
befruchtet die kanadische V o ll-
blutmusikerin feminine Soulklänge
m it P-Funk und Rock der h ä rte-
ren A b teilung tatsächlich zum
robusten Drei-Eltern-Kind. Neben
diesem gelungenen Retortentrick
überzeugt die Tochter von Blues-
sängerin Salom e Bey m it einer
recht wandlungsfähigen Stim m e,
vom sanften Flehen bis zum Däm -
me einreißenden Zornesschrei hat
sie alles drauf.
hake
MUSIK ★ ★ ★
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KLANG ★
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MUSIK ★
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KLANG ★
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★
B u c h k r i t i k
Ein ehemaliger Weggefährte von Jeff Buckley
erzählt über das früh gestorbene Rock-Genie
In einer sehr ungewöhnlichen Ein-
leitung zu diesem Buch zitiert Gary
Lucas (nicht ganz so ausführlich wie
in der Biografie auf seiner Website)
Lob renommierter Zeitschriften, un-
ter anderem den „Rolling Stone“
mit der Bemerkung, er sei „one of
the best and most original guita-
rists in Am erica“ und den „New
Yorker“ mit dem Statem ent, „the
thinking man’s guitar hero“. Und
verspricht, intim e Einblicke in den
Schaffensprozess zu geben, in des-
sen Verlauf er mit Jeff Buckley zwei
der berühm testen Originalsongs
von dessen Debüt kom ponierte
(O-Ton Lucas:.
....how we created
the w orld-shaking m asterpieces
,Grace‘ and ,M ojo Pin‘ together“).
So eitel und pathetisch wird
es auf den folgenden
300
Seiten
A utobiografie nicht w ieder. Aus
Buckleys Songs w ill er heraus-
gehört haben, dass der sich als
noch ganz junger Mann schon
seiner eigenen Sterblichkeit sehr
w ohl bewusst war. Was man als
ziemlich gewagte These betrachten
kann. Dass Buckley jr. zumindest
ein sehr komplexer Charakter war,
dürfte jeder mit dessen schmalem
auf Bild- und Tonträgern hinter-
lassenen Verm ächtnis vertraute
M u siklieb h ab er als
gesicherte
Erkenntnis betrachten. Letztlich
laufen alle Erzählungen auf jenen
ihn fassungslos zurücklassenden
M om ent zu, in dem Buckley ihm
erklärt, dass er aus dem gem ein-
sam en Band-Projekt aussteigen
w ird. Der Schurke des Buches,
Colum bia-M anager Steve Berko-
w itz (Lucas: „m eine Nem esis“),
hatte den zweifellos ehrgeizigen
S inger/Songw riter Skrupeln zum
Trotz davon überzeugen können,
dass er eine professionelle Solokar-
riere starten solle. Als der ihn Jahre
später fragt, ob er bei den nicht
so ideal verlaufenden Sessions für
das zweite Album aushelfen könne,
spricht Lucas ihn unverm ittelt auf
AUS
DER
M U S I K W E L T
N ikk i Yanofsky
LITTLE SECRET
A440 Entertainment/Universal CD
Unter den Augen der W elt reifte
Nikki Yanofsky vom Teen zum
Twen heran. Aus dem Backfisch,
der vor ein paar Jahren noch von
S trippenziehern im Hintergrund
m it sanftem Druck geform t w ur-
de, ist inzwischen eine
20
-Jährige
m it eigenem Kopf geworden. M it
Mr. Quincy Jones als uneigennüt-
zigem B erater erschafft sie nun
zielgerichtet ihren individuellen
Soundm ix. Es m acht irre Spaß
zu verfolgen, w ie Nikki Jazzver-
g an g en h eit
und
Popm oderne,
Big-Band-Bläser und Dancebeats
aus der M aschine, Scat-Gesang
und D igitaleffekte verknüpft. Ein
peppiges Album , das gute Laune
verbreitet.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
Gary Lucas: Touched By Grace -
My Time With Jeff Buckley (Edition
Olms), 304 Seiten, Preis: 19,99 Euro
die ko lportierte
H eroin-A bhän-
gigkeit seines Ex-Freundes an.
Berkowitz verabschiedet sich mit
versteinerten Gesichtszügen.
Lucas erzählt diese A nekdo-
te - und lässt dann die Gerüchte
ungeklärt so stehen. Er habe aber,
schreibt er, ein Recht zu dieser
Frage gehabt. Schon im Vorwort
befürchtet er, auf seinem Grabstein
werde wohl einst stehen: „RI P GARY
LUCAS - Ex-Captain Beefheart and
Jeff Buckley guitarist“. Die sind tot
- und beide Legenden!
Franz Schöler
Reto B urre ll
LUCKY CHARM
Blue Rose/Soulfood CD
(32’)
Rootsrocker sind wohl prinzipbe-
dingt konservativ und linientreu.
So kommt es, dass der Schweizer
auch auf dem siebten Album un-
beirrt seinen m usikalischen W eg
fortsetzt - ohne seine Fans auch nur
im Mindesten zu überraschen, aber
dafür eben auch mit einer Hand voll
hörenswerter Americana-Songs im
Gepäck. Eine kurze Historie des
hierzulande noch recht unbekann-
ten Sängers und Gitarristen: M it
15
Jahren gründete er die Hardcore/
Punk-Band Profax, danach folgte
die Alternative Rockgruppe Släm.
2001
erschien dann sein Solodebüt,
und seither verfolgt Reto Burrell
eine bodenständige Spielart, die
ihm - neben seinem Landsmann
Hank Shizzoe - das Image als „am e-
rikanischsten“ M usiker außerhalb
von Am erika einbringt. Vorbilder
wie Tom Petty, Bruce Springsteen
oder die Wallflowers ebneten den
breit ausgetretenen Weg, dem der
Schweizer nun ohne große Anstren-
gungen folgen kann.
Während er das Vorgängeralbum
noch akustisch reduziert in Nash-
ville aufnahm, blieb er diesmal zu
Hause im heimischen Alpenstaat.
Obwohl seine M usik - vielleicht
deswegen - nicht m ehr ganz so
authentisch und berührend klingt,
leiht man ihr gerne ein Ohr, meist
sogar begeistert zwei. Seine Trup-
pe, die unrasiert und in Jeansjacken
und Holzfällerhem den gewandet
auch ins Vorprogramm von Ryan
Adams passen könnte, begleitet
unspektakulär, aber grundsolide.
„Lucky Chrom“ ist mit seinen
zehn kurz gefassten Songs kein
Album, das eine musikalische Re-
volution einläuten will; aber eines,
das durch seine Ehrlichkeit und
Schnörkellosigkeit ein gewisses
M aß an Sym pathiepunkten ernten
kann. Die knappe Spielzeit und die
muffige und verwaschene, um nicht
zu sagen „lieblose“ Klangqualität
trüben den Gesamteindruck aller-
dings etwas.
Peter Bickel
MUSIK ★ ★
126 STEREO 6/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problematisch I ★ schlecht